Wenn es etwas nicht geben
sollte in Paris, dann ist das Platz. Die Wohnungen sind meist so eng bemessen,
dass gerade mal die wichtigsten Funktionen klappen. Ich als Single komme schon
klar damit, fühle mich ein wenig beengt, wenn ich den Kopf einziehen muss, um
aufs Klo zu gehen. Oder wenn ich drei Schritte zurück weichen muss, weil mir
meine Mitbewohnerin in der Küche entgegen kommt. Wenn ich daran denke, dass
eine Familie mit mehreren Kindern und Haustieren in so einer engen Behausung
klar kommen soll, dann kann ich mir schon vorstellen, dass dies den Hausfrieden
ins Wanken bringen könnte. Erst jetzt weiß ich zu schätzen, wie gigantisch groß
eigentlich meine Wohnung in Berlin ist. Meine Güte. Mein WG-Zimmer hat
dekadente 22 Quadratmeter. Eigentlich ökologischer Wahnsinn, wenn man sich
vorstellt, dass man das im Winter alles beheizen muss. Ich sollte dort alles noch
Mal unterteilen und an ausländische Studenten vermieten.
Aber zurück nach Paris.
Vorteile hat diese Enge natürlich auch. Ich kann zum Beispiel in der Küche
sitzen und die Zubereitung einer Speise erledigen, ohne mich großartig zu
bewegen. Ich erreiche den Kühlschrank, das Besteckfach, den Mülleimer und, wenn
ich will, auch den Herd buchstäblich im Handumdrehen. Unsere Küche und meine
Mitbewohnerin sind dabei noch mal ein Spezialfall. Maja hat so viele
Küchenutensilien, dass man ein Gerät beiseite räumen muss, um ein anderes zu
benutzen. Den Toaster habe ich noch gar nicht entdeckt. Dafür aber drei Mixer
mit insgesamt zwei Dutzend verschiedenen Aufsätzen. Romantisch gesehen hat
alles etwas von einem Camping-Urlaub. Da ist der dreiflammige Propankocher, die
wasserabweisende Tischdecke, alles ist ein bisschen krempelig und: Man sitzt
wie in einem Camping-Wohnwagen seinem Gegenüber fast auf dem Schoß.
Was bei diesem knapp bemessenen
Raum keine vorteilhafte Eigenschaft ist: Meine Mitbewohnerin hat einen
ausgeprägten Drang zum Sammeln von Dingen. Ein ganzes von unseren drei Zimmern,
die jeweils ca. acht Quadratmeter groß sind, ist voll mit kunterbuntem Zeugs.
Ich war noch nicht wirklich drin. Aber wenn Maja dieses Zimmer betritt, dann
stakst sie wie ein Storch durch den schmalen Pfad, der vom Fußboden übrig
geblieben ist. Ich sehe sie dann von der Tür aus inmitten dieses Dschungels aus
Kartons, Tüten, Schachteln, Kleidern, Plastikboxen, Geräten, Werkzeugen, Wäsche
etc. stehen und sie erklärt mir aufs Neue, dass sie unbedingt aufräumen müsse. Gestern
war sie mit einer ihrer beiden Katzen beim Arzt. Arkadia wollte in diesem
Zimmer einen Turm aus Schachtel und Stapeln beklettern. Es gab einen großen
Rumms. Seitdem bewegt sich Arkadia sehr vorsichtig und humpelt ein wenig. Im
Mai will Maja umziehen. Sie sucht einen Platz, wo sie ihr Theaterprojekt
realisieren kann. Sie hat schon im Süden von Paris eine Immobilie gefunden, die
sie zusammen mit einer Freundin mieten möchte. Ihr Ziel: Wohnung, Theater,
Lager unter einem Dach. Ich werde dann für meine verbleibenden drei Monate mit
umziehen. Ich habe ein wenig Sorge, dass sich dann Majas Utensilien vermehren werden.
Wer den letzten Harry Potter gesehen hat und an die Szene in der Schatzkammer
denkt, weiß, wovon ich spreche.
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