Sonntag, 4. September 2011

Majas Utensilien


Wenn es etwas nicht geben sollte in Paris, dann ist das Platz. Die Wohnungen sind meist so eng bemessen, dass gerade mal die wichtigsten Funktionen klappen. Ich als Single komme schon klar damit, fühle mich ein wenig beengt, wenn ich den Kopf einziehen muss, um aufs Klo zu gehen. Oder wenn ich drei Schritte zurück weichen muss, weil mir meine Mitbewohnerin in der Küche entgegen kommt. Wenn ich daran denke, dass eine Familie mit mehreren Kindern und Haustieren in so einer engen Behausung klar kommen soll, dann kann ich mir schon vorstellen, dass dies den Hausfrieden ins Wanken bringen könnte. Erst jetzt weiß ich zu schätzen, wie gigantisch groß eigentlich meine Wohnung in Berlin ist. Meine Güte. Mein WG-Zimmer hat dekadente 22 Quadratmeter. Eigentlich ökologischer Wahnsinn, wenn man sich vorstellt, dass man das im Winter alles beheizen muss. Ich sollte dort alles noch Mal unterteilen und an ausländische Studenten vermieten.
Aber zurück nach Paris. Vorteile hat diese Enge natürlich auch. Ich kann zum Beispiel in der Küche sitzen und die Zubereitung einer Speise erledigen, ohne mich großartig zu bewegen. Ich erreiche den Kühlschrank, das Besteckfach, den Mülleimer und, wenn ich will, auch den Herd buchstäblich im Handumdrehen. Unsere Küche und meine Mitbewohnerin sind dabei noch mal ein Spezialfall. Maja hat so viele Küchenutensilien, dass man ein Gerät beiseite räumen muss, um ein anderes zu benutzen. Den Toaster habe ich noch gar nicht entdeckt. Dafür aber drei Mixer mit insgesamt zwei Dutzend verschiedenen Aufsätzen. Romantisch gesehen hat alles etwas von einem Camping-Urlaub. Da ist der dreiflammige Propankocher, die wasserabweisende Tischdecke, alles ist ein bisschen krempelig und: Man sitzt wie in einem Camping-Wohnwagen seinem Gegenüber fast auf dem Schoß.
Was bei diesem knapp bemessenen Raum keine vorteilhafte Eigenschaft ist: Meine Mitbewohnerin hat einen ausgeprägten Drang zum Sammeln von Dingen. Ein ganzes von unseren drei Zimmern, die jeweils ca. acht Quadratmeter groß sind, ist voll mit kunterbuntem Zeugs. Ich war noch nicht wirklich drin. Aber wenn Maja dieses Zimmer betritt, dann stakst sie wie ein Storch durch den schmalen Pfad, der vom Fußboden übrig geblieben ist. Ich sehe sie dann von der Tür aus inmitten dieses Dschungels aus Kartons, Tüten, Schachteln, Kleidern, Plastikboxen, Geräten, Werkzeugen, Wäsche etc. stehen und sie erklärt mir aufs Neue, dass sie unbedingt aufräumen müsse. Gestern war sie mit einer ihrer beiden Katzen beim Arzt. Arkadia wollte in diesem Zimmer einen Turm aus Schachtel und Stapeln beklettern. Es gab einen großen Rumms. Seitdem bewegt sich Arkadia sehr vorsichtig und humpelt ein wenig. Im Mai will Maja umziehen. Sie sucht einen Platz, wo sie ihr Theaterprojekt realisieren kann. Sie hat schon im Süden von Paris eine Immobilie gefunden, die sie zusammen mit einer Freundin mieten möchte. Ihr Ziel: Wohnung, Theater, Lager unter einem Dach. Ich werde dann für meine verbleibenden drei Monate mit umziehen. Ich habe ein wenig Sorge, dass sich dann Majas Utensilien vermehren werden. Wer den letzten Harry Potter gesehen hat und an die Szene in der Schatzkammer denkt, weiß, wovon ich spreche.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen