Mittwoch, 4. Januar 2012

Vive la Fluppe!

Dieser Eintrag ist meiner Schwägerin gewidmet, die mich zu Weihnachten als schrullig bezeichnet hat, weil ich wollte, dass sie zum Rauchen vor die Tür geht. Deswegen und weil Silvester grade vorbei ist, Gute Vorsätze etc., schreibe ich heute über das Rauchen.
Die Franzosen sind ein Volk der Raucher. Praktisch jeder Franzose raucht. Rauchen gehört zum Guten Ton. Schon zur Geburt wird dem kleinen Franzosen eine Stange Gauloises in die Wiege gelegt. Den Mädchen die Roten und den Jungs die Blauen.

Es gibt auch keinen französischen Film, in dem sich nicht sämtliche Schauspieler andauernd eine Kippe in den Mundwinkel stecken. Ich sage nur: Michelle Piccoli. Der fällt mir als erster ein, weil er in einem Film mit Romy Schneider (wirklich) eine Kippe an der anderen angezündet hat. Neulich habe ich "Poulet aux prunes" gesehen, zu deutsch: Huhn mit Pflaumen. Ich erwartete einen lebensbejahenden Film mit kulinarischen Raffinessen. Auf der Leinwand sah ich dann einen depressiven Mann, der beschlossen hatte, zu sterben, weil seine Geige kaputt gegangen war.


Na gut. Abgesehen davon, dass ich dem Streifen jegliche Preise abstreite, die er gewonnen hat, muss ich einfach mal unterstellen, dass er von der Tabakindustrie finanziert wurde. Ungefähr 200 Zigaretten wurden in dem Film verqualmt. Wer weiß, wie viele Fluppen bei den Dreharbeiten drauf gegangen sind. Selbst die von mir verehrte Isabella Rossellini lässt es sich nicht nehmen, uns eine wahre Zigaretten-Ballade vorzuhauchen, in dem sie ihrem Filmpartner vorschwärmt, was für ein Genuss das Rauchen ist. Ich dachte, gleich schaut sie mit verführerischen Augen direkt in die Kamera und erinnerte den Zuschauer daran, dass er nach dem Kino erst mal schnell Eine durchziehen muss. Isabella, leider wird´s nun nix mehr mit uns!


Der Höhepunkt aber war der Film "La guerre est déclarée" (Der Krieg ist erklärt), in dem ein junges Paar den Kampf gegen den Gehirntumor seines dreijährigen Sohnes aufnimmt. Das hindert den Regisseur aber nicht daran, so viele Mitwirkende wie möglich während der gesamten Handlung paffen zu lassen. Ein Mann und eine Frau also, die während des Films gemeinsam ein paar Schachteln verdrücken und sich verzweifelt fragen: "Warum UNSER Sohn?"

Ausgerechnet in Berlin, wo ich zu Weihnachten war, wurde ich an die gute französische Seite erinnert, was das Rauchen betrifft. Ich wachte nämlich nach einer recht feuchtfröhlichen Nacht auf, griff zu meiner Hose, weil ich eine Milch kaufen wollte und musste feststellen, dass diese furchtbar nach Kneipe stinkt (die Hose). Mein Kumpel Thomas und ich hatten in zwei Bars gesessen. Wie gesagt: Berliner Bars. In beiden wurde ordentlich gepafft. War da nicht mal so was wie ein Rauchverbot?

In Paris habe ich noch nie in einer Kneipe gesessen und mich danach vor meinen Klamotten geekelt. Ich schaue mit Hochachtung und Dank auf unsere europäischen Nachbarn, in deren Bars nicht geraucht wird. Alle gehen artig nach draußen. Vive la France!
Neulich abend war ich in einem netten Lokal am Montmartre. Meine Begleiterin sagte, dass sie jetzt mal kurz vor die Tür gehe. In einem Journal stöbernd wartete ich auf ihre Rückkehr als ich feststellte, dass ich plötzlich der Einzige im Lokal war. Neben den etwa zehn Gästen waren nämlich auch der Barmann und der Koch auf der Straße und dampften. Ich hätte, wenn ich gewollt hätte, in aller Seelenruhe die Kasse ausräumen können. Ich musste kurz lachen.
Dann schaute ich durch die Fenster nach draußen auf die gesellig palavernden Raucher, wie sie gemeinsam schöne Rauchfahnen in die Abendluft pusteten. Und ich dachte: Vernunft macht manchmal ganz schön einsam. Isabella, ich gebe Dir noch eine Chance!

Tipp des Autors: Andreas Wilhelm hat nach 17 Jahren von einem auf den anderen Tag aufgehört und zwar mit Hilfe des Buches "Endlich Nichtraucher" von Allen Carr.