Freitag, 16. März 2012

Von der Liebe Teil I


Etwas in mir rät mir, dieses Thema zu lassen. Nein, schreib es nicht, sagt diese Stimme, das gibt nur Ärger. Im Ärger kriegen bin ich gut.
Es geht um das Thema Liebe und das, was ich auf diesem Gebiet erlebt und gehört habe. Aber bitte keine Hoffnung (bzw. Angst) machen. Ich werde mitnichten irgendwelche erotischen Erlebnisse beschreiben. Lediglich ein paar Erfahrungen, die mich verwundert haben.
Bevor ich nach Paris kam, machte ich mir kein Bild von der Liebe in Frankreich. Ich kam als Single her und war für alles offen. Ein Bekannter sagte mir, ich solle aufpassen, die Pariserinnen seien heiß. Ich hätte genauer nachfragen sollen, was er damit gemeint hat. Aber wenn es das ist, was ich verstanden habe, sind die heißen Pariserinnen immer da wo ich nicht bin. Mit Sicherheit liegt das aber am Alter. Ich studiere schließlich hier und habe selten mit Frauen zu tun, die ungefähr mein Alter haben. Fast alle von den Studentinnen hier könnte ich theoretisch gezeugt haben (wenn ich mich angestrengt hätte). Die Frauen in der Hochschul-Verwaltung, die ich hin und wieder treffe, sind hingegen schon wieder etwas älter als ich. Einige sind zwar nicht abgeneigt, wie ich das so erkenne. Aber vielleicht nicht ganz mein Fall.
Aber es soll erstmal nicht um mich gehen.
Meine liebe, gute Freundin Leila ist verheiratet. Schon ziemlich lange. Sie ist Algerierin und ihr Mann Mathieu ist Afrika-Spezialist. Er lebt in Südafrika und sie hier. Er liebt sein Johannesburg und sie liebt Paris. Ich hatte mich erst gewundert, wie so eine Extrem-Fernbeziehung funktionieren kann. Mathieu kommt etwa zwei bis drei Mal im Jahr nach Paris, räumt seine Bücher um, klappert ein paar Freunde und Kneipen ab, erledigt ein paar Behördengänge, geht zum Friseur und fliegt dann wieder.  
Dann redete Leila einmal von einem anderen Mann: Jean-Michel. Sie erzählte mir, dass er ihre große Liebe sei, redete von Schicksal, von zwei Teilen, die ein Ganzes ergeben. Ich verstand noch nicht so gut französisch und daher sehr langsam. Es passte nicht. Ich dachte: Entweder sie oder ich verwechsle jetzt die Namen der beiden Männer. Sie bemerkte meinen fragenden Blick. "Der in Südafrika lebende Mathieu ist mein Mann und Jean-Michel ist mein Freund." Ich war ein bisschen enttäuscht. Leila kam mir so anständig vor. Dann erfuhr ich, dass ihr Ehemann Mathieu mit Frauen in Südafrika ausgeht, die seine Enkelinnen sein könnten und dann Leila anruft, um ihr davon zu berichten. "Sodom und Gommorrha", würde die alte Frau Kling empört ausrufen. Doch Leila und Mathieu haben sich arrangiert. Er hat seine Farm mit jungem Gemüse in Afrika und sie ihr Leben und ihre Liebe hier in Paris. Als ich mich gerade an den Gedanken gewöhnt hatte, kam der nächste Hammer. Jean-Michel hat eine Freundin, erzählte Leila. Ja klar hat er eine Freundin, sagte ich. Dich. NEIN, sagt sie. Er habe seit Jahren eine Partnerin, mit der er auch zusammen lebt. Und die weiß nicht mal was davon, dass sich Leila und Mathieu seit immerhin schon anderthalb Jahren treffen. Übrigens: Immer nur vormittags, maximal bis um zwei haben die beiden Zeit, sich zu lieben.
Abends muss Jean-Michel zuhause sein. Leila ist sozusagen seine Vormittagsfreundin. Irgendwie tut sie mir leid. Aber sie selbst sagt, dass sie sich sehr wohl fühlt. Sie habe noch keine feste Beziehung geführt, bei der ihr der Mann so viel Aufmerksamkeit geschenkt habe. Und wenn sich Jean-Michel von seiner Partnerin trennen würde, um mit ihr zusammen zu leben -  sie wisse nicht genau, ob sie dies wolle, sagt Leila.
Und ich weiß nicht genau, wie ich darüber denken soll. Ich würde ja noch verstehen, wenn es Jugendliche wären. Da sind solche Dummheiten, denke ich, verzeihlicher. Aber die drei Teilnehmer dieser Triangel sind alle deutlich über fünfzig. Neulich war Jean-Michel im Urlaub mit seiner richtigen Freundin. Er hat öfter mal angerufen und Leila gesagt, wie sehr er sie vermisst. Ich habe ihn mir folgendermaßen vorgestellt. Auf einer Restaurant-Toilette sitzend, den Kopf zwischen die Schultern gezogen, flüstert er in sein Handy, wie sehr er Leila vermisst. Und dann geht er wieder zurück an den Tisch und gibt seiner richtigen Freundin einen Kuss. 
Und dann kommt Ilse Kling mit Wischmob ins Bild: "Iah werdets alle in der Hölle schmoan!"  



Anm.: Namen (außer der von Frau Kling) sind geändert. 

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